Paradies 4.0 mit Joghurt – Teil 1

Das Paradies kommt aus der Wolke und wird von der Industrie geliefert – im Moment allerdings als Joghurt.

Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal Prognosen und Abschätzungen hinsichtlich Industrie 4.0. Dort kündigt man paradiesische Zeiten an – große Produktivitätssprünge, hoch individuelle Fertigungen bis hinunter zur Losgröße 1 und anderes. Neben automatisierten und vernetzten Robotern braucht es dazu jede Menge Informationen, die über die Cloud verteilt und ausgewertet werden können. Die vierte industrielle Revolution steht bevor.

Vorhandene Daten müssen genutzt werden

Getrieben wird dieser tiefgreifende Wandel von verschiedenen technologischen Entwicklungen. Dazu gehören unter anderem Big Data, autonome Robotersysteme, horizontale und vertikale Systemintegration oder das Internet of Things. Vieles davon ist bereits im Einsatz – aber nur weniges ist miteinander vernetzt. Ungezählte Daten liegen heute bereits vor, allerdings wird lediglich ein sehr kleiner Bruchteil davon momentan tatsächlich benutzt, um daraus Folgerungen für Entscheidungen zu ziehen. Schätzungen von McKinsey gehen z.B. davon aus, dass von den auf Ölplattformen gewonnenen Daten nur ca. 1% für solche Entscheidungen verwendet werden[1].

Integration über Systemgrenzen hinweg ist wichtig

Roboter sind heute überwiegend noch voneinander isoliert. Und von einer durchgehenden Systemintegration über verschiedene Bereiche hinweg ist man derzeit noch weiter entfernt. Die liegt häufig an einer mangelnden Einbindung der IT-Abteilung oder die verschiedenen Fachabteilungen innerhalb eines Betriebes wollen Verantwortung und Wissen nur äußerst ungern abgeben. Hinzu kommt, dass momentan die Meisten das Internet der Dinge (IoT) noch mit tragbaren Geräten, sogenannten Wearables, oder dem uns seit Jahren versprochenen selbstständig nachbestellenden Kühlschrank verbinden. Also alles Dinge, die kaum etwas mit einem Einsatz in der industriellen Fertigung zu tun haben.

Industrie 4.0 ist die Zukunft

Aber der Industrie 4.0 werden viele positive Effekte zugetraut. So rechnet die Boston Consulting Group (BCG) in ihrer Studie „Industry 4.0: The Future of Productivity and Growth in Manufacturing Industries“ alleine für den produzierenden Sektor in Deutschland mit einem Produktivitätsgewinn zwischen 90 und 150 Milliarden Euro über 10 Jahre und einem zusätzlichen Umsatzwachstum von bis zu 30 Milliarden Euro. pro Jahr[2].

Momentan sind das alles Schätzungen. Noch gibt es wenige reale Beispiele, in denen solche integrierten Ansätze funktionieren. Um die praktische Umsetzbarkeit zu demonstrieren, haben sich vier Universitäten (TU München, Uni Stuttgart, Uni Augsburg und RWTH Aachen) zusammengefunden und den Demonstrator myJoghurt als Prototyp für eine solche Entwicklung gestartet[3]. Derzeit ist noch der einzeln abgemischte Joghurt das Paradies.

Es gilt, weiter zu denken

Alles gut also? Es ist noch sehr viel zu tun, aber die Richtung ist klar und der Nutzen zeichnet sich deutlich ab.

Der Nobelpreisträger Vassily Leontief (den manche von seiner Produktionsfunktion aus dem BWL-Studium her „kennen“) hat den Gedanken einer hoch automatisierten, sich selbst steuernden Wirtschaft vor Jahren radikal weitergedacht und daraus das „Paradies Paradox“ formuliert.

Davon mehr im nächsten Blog.

[1] http://www.cnbc.com/2015/03/05/us-energy-industry-collects-a-lot-of-operational-data-but-doesnt-use-it.html

[2] http://www.bcg.de/media/PressReleaseDetails.aspx?id=tcm:89-185709 und https://www.bcgperspectives.com/Images/Industry_40_Future_of_Productivity_April_2015_tcm80-185183.pdf

[3] http://www.ifu.rwth-aachen.de/home/einzelansicht/article/industrie-40-fuer-den-kuehlschrank-der-personalisierte-joghurt.html

Business Management Simulations – Am Steuer des eigenen Lernens

Serious Games sind nicht einfach nur eine Modeerscheinung. Eine neue Forschungsarbeit dokumentiert den Nutzen dieser Business Management Simulationen.

Foto von Händen am Lenkrad: Ob Business Management Simulation oder Autofahren. Man muss es mit den eigenen Händen am Steuer tun. Foto: iStock.com / NicoElNino

Ob Business Management Simulation oder Autofahren. Man muss es mit den eigenen Händen am Steuer tun. Foto: iStock.com / NicoElNino

Wer Autofahren lernen will, muss hinters Steuer. Es bringt nichts, als Beifahrer dem Fahrlehrer zuzuschauen, man muss das üben. Genauso verhält es sich, wenn wirtschaftliche Zusammenhänge für die Führungskräfte von Unternehmen verständlich und erfahrbar gemacht werden sollen: bevorzugt interaktiv und mit den eigenen „Händen am Steuer“. Dann kann jeder die Geschwindigkeit, die Richtung und die Art und Weise so gestalten, wie er persönlich am besten lernt.

Business Management Simulationen, sogenannte »Serious Games«, spielen hier ihre Vorteile klar aus. Zusätzlich wird durch die Interaktion zwischen Mitspielern aus unterschiedlichen Funktionen und Bereichen eines Unternehmens eine fantastische Lernatmosphäre kreiert: Managementtheorien werden greif- und erlebbar. Die Teilnehmer können in einer geschützten Umgebung Überlegungen und Entscheidungen ausprobieren und ihre Auswirkungen »erfahren«.

Masterarbeit bestätigt Vorteile

In seiner Masterarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien hat Michael A. Batko 2015 eine detaillierte Analyse von Business Simulationen durchgeführt [1]. Seine Recherche in der vorhandenen Literatur zeigt drei Kernbereiche auf, in denen der Nutzen der Simulationen hauptsächlich liegt:

Wissenstransfer — das spielerische Element hat einen positiven Effekt auf das Kurz- und Langzeitgedächtnis. Es verstärkt das Verständnis von Konzepten, Begriffen, Zusammenhängen und Wechselbeziehungen. Zusätzlich verbessert sich die Ausführung der Umsetzung im echten Geschäftsleben.

Fähigkeiten lernen — das gemeinsame und spielerische Lernen in der Gruppe bietet viele Gelegenheiten, in denen Soft Skills verbessert werden können. Dazu zählen z. B. Zeitmanagement, der Umgang mit Stress, strategisches Denken und Entscheiden, oder quantitative Fähigkeiten. Diskussionen während der Simulation stärken die Zusammenarbeit, Verhandlungsfertigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Und nicht zuletzt fördert die sichere (Spiel-) Umgebung Kreativität und Innovation, kann man doch alles ohne reale Konsequenzen ausprobieren.

Einstellungs- und Verhaltensänderung — durch das Lernen mittels Simulationen verändern sich die Einstellung und das Können der Teilnehmer. Probleme werden schneller erkannt, anders bewertet und einer kritischeren Analyse unterzogen. Daraus kann u.U. ein neuer Lösungsansatz entstehen. Die Entscheidungsfindung wird effizienter und ebenso wie die Umsetzung, schneller.

Vorteile größer als Nachteile

Natürlich haben Unternehmensplanspiele auch Nachteile, wie z.B., dass die Teilnehmer für mehrere Tage zusammenhängend zur Verfügung stehen müssen. Dennoch: die in der Arbeit von Michael Batko genannten Vorteile wiegen die wenigen Nachteile mehr als auf. So wird die zeitliche Investition der Teilnehmer auf jeden Fall durch den Gewinn kompensiert, den sie aus den Simulationen mitnehmen: ein großer positiver Nutzen für das gesamte Projekt.

Alles das können wir von canmas aufgrund unserer Erfahrungen mit Kundenprojekten bestätigen. Die Simulationen tragen, zusammen mit unseren kundenindividuellen Anpassungen und ihre Einbettung in umfangreichere Veränderungsprojekte, zu einer starken Mobilisierung und aktiven Beteiligung von Mitarbeitern und Führungskräften bei. Und dies führt zu einer rascheren und vollständigeren Umsetzung und damit letztendlich zu einem erfolgreichen Projektabschluss.

[1]   Michael A. Batko: Business Management Simulations – a detailed industry analysis as well as recommendations for the future. Masterarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien 2015